Das Pfarrkirchdorf Zschornewitz liegt etwa 4 km südwestlich von Gräfenhainichen. Der Ort wird anno 1200 erstmals urkundlich als sorbische Gründung erwähnt. Die Einwohner gingen über viele Jahrhunderte einer meist eher landwirtschaftlich geprägten Tätigkeit nach. Doch diese Beschaulichkeit änderte sich, als im Jahr 1915 die Großindustrie Einzug hielt: Das größte Dampfkraftwerk der Welt wurde gebaut und in Betrieb genommen. Parallel
dazu entstand die gartenstädtische Werkssiedlung „Kolonie" für die Arbeiter des Kraftwerkes und deren Angehörige. Aus dem einstigen Bauern- und Walddorf mit seinen 230 Bewohnern wurde ein großer Industrieort mit über 3000 Bewohnern. Die neuen „Zschornewitzer" kamen aus allen Gegenden Deutschlands.
Die Kirche befindet sich im südlichen Teil des Dorfes und war eine ursprünglich romanische Anlage ohne Turm. Dieser wurde später im Fachwerkstil mit einem quadratischen Grundriss angebaut (siehe Zeichnung). Die Mauern des schmäleren Altarraumes wurden zur Zeit der Reformation gegen Osten hin verlängert und gerade geschlossen. Die Kirche war im Laufe der Zeit sehr baufällig geworden. Besonders der Turm drohte einzustürzen. Es wurde behördlich der Abriss angeordnet. Auch war die Kirche inzwischen zu klein, um allen Gottesdienstbesuchern Platz zu bieten. Mit ca. 350 Besuchern rechnete der damalige Pfarrer. Grund dessen erfolgte in den Jahren von 1930 bis 1934 der teilweise Abriss und der Neubau einer größeren Kirche. Zuvor wurde die Sauer-Orgel ausgebaut, um im neuen Gotteshaus wieder Einzug zu halten. Die Einweihung fand am 18. März 1934 statt und wurde von Propst D. Lohmann aus Magdeburg vorgenommen. Interessant ist das Taufbecken mit der Inschrift „Lasset die Kindlein zu mir kommen“ und die Taufschale aus Messing. Der Boden dieser zeigt eine Rosette, um die sich fast fünfmal der mit den verschnörkelten Minuskeln „m luther me“ versehene Stempel befindet. Ebenfalls eine Besonderheit stellt das Fenster rechts vom Altar dar. Es wurde von einem Leipziger Künstler geschaffen und zeigt Jesus, der die Einwohner des Ortes und die Arbeiter des Kraftwerkes, dessen Türme im Hintergrund zu sehen sind, segnet.
Andreas Bechert